Klischees

Das Weinglas noch in der Hand schauen wir über die Bucht vor Epidavros. Was wir sehen, berührt uns genau in diesem Moment. Das kann man nicht teilen. Und natürlich versuchen wir es. Die Handys werden gezückt, Aufnahmen mit Kommentaren versehen werden verschickt. Und da geht es los mit den Klischees.
Natürlich versinkt die Sonne blutrot am Horizont, natürlich wiegen sich die Yachten leicht in der Abendbrise, in der ganzen Bucht baumeln überall Seelen rum. Morgen früh dann der Sprung in das kristallklare Wasser, selbstverständlich dampft der Kaffee auf dem Tisch. Der Wind wird unsere weißen Segel füllen und wir werden lautlos über das tiefblaue Meer gleiten. Die Leinen losgeworfen segeln wir dem Horizont entgegen. Mein Gott, klingt das alles kitschig. In dem Augenblick, wo wir es erleben, fühlt es sich ganz natürlich schön an. Wollen wir es aber beschreiben, rutschen wir gleich ganz tief in die Klischee-Kiste.
Wäre es nicht manchmal besser, etwas nicht zu posten, es ganz einfach für sich zu genießen?