Frühling. Die Temperaturen bewegen sich konstant im 2-stelligen Bereich. Der Skipper erwacht aus dem, nur vom Besuch der Bootsmessen unterbrochenen Winterschlaf.

In den Yachthäfen brechen wildeste Aktivitäten aus. Da wird geputzt, geschliffen, lackiert und montiert. Das ist wie Fieber, nur schöner. Hier in der Türkei spielt sich das alles im Freien ab. Da stehen die Boote Bordwand an Bordwand und spätestens, wenn es an den Antifouling – Anstrich geht, ist die Yacht, die auf dem Meldezettel des Hafenmeisters höchstens 11,95 Meter lang ist, mindestens gefühlte 20 Meter lang.

Antifouling ist eine Giftfarbe, die, auf dem Unterwasserschiff aufgetragen, den Bewuchs mit Pflanzen und Muscheln verhindern soll. Und da gehen die Probleme los: Giftfarbe!

Als umweltbewusster Mensch habe ich da jedes Jahr Streichhemmungen. Was wurden alles für Alternativen ausprobiert: Es gab Skipper, die sich die Yacht mit Melkfett eingestrichen haben, Kupferplatten wurden auf den Rumpf geklebt, elektrische Schwingungen sollten den Algenbewuchs verhindern und angeblich giftfreie Antifoulings wurden dem Skipper mit dem schlechten Gewissen verkauft. Ich hab das auch mal ausprobiert, das mit der giftfreien Farbe. Wenn ich mir Nutella unter die Yacht gestrichen hätte, wäre der Effekt der gleiche gewesen. Meine Yavas Yavas hat sich in einer Saison zum schwimmenden, botanischen Garten entwickelt. Also, doch wieder Giftfarbe. Nachdem ich meine Gewissensbisse mit Hilfe anderer Skipper (“es gibt ja noch nichts Anderes“, “die Industrie soll sich da mal was einfallen lassen“) etwas verdrängt habe, stehe ich mit drei Eimern Farbe (dunkelblau, wie schön!) und einer Rolle vor meinem Schiff.

Und dann beginnt etwas richtig Schönes. Das Unterwasserschiff, durch Bewuchsreste, ungleichmäßiges anschleifen und gelegentliche Unebenheiten (da hat sich wohl die vierte mit der fünften Generation Farbe nicht so gut verbunden) etwas scheckig anzuschauen, wird von Minute zu Minute schön (dunkelblau, Ihr wisst schon). So ein Farbroller ist ca. 15 cm breit. Das geht richtig schnell. Und ist so befriedigend. Drei Stunden Arbeit und alles ist dunkelblau. Der Rumpf, meine Haare, mein T-shirt, meine Schuhe…..

Antifouling streichen ist etwa so wie eine ganze Nacht lang Schneefall in Deutschland. Vorher alles graubraune Matsche, hier und da etwas Abfall. Und dann kommt der Schnee. Alles weiß. So Gleichmäßig. Und für eine Weile kann man sich der Illusion hingeben, dass alles schön sauber ist.

Ich kenne keinen Skipper, der nach dem Anstrich nicht mindestens zweimal um seine Yacht läuft und sich freut.