6.45Uhr, ich werde wach…

Liege auf meinem Lieblingsschlafplatz im Cockpit. Harndrang, Pavarotti und die Sonne liefern sich ihren morgendlichen Wettkampf, wer mich zu erst aus dem Schlaf holt. Heute gewinnt die Sonne. Habe mich gestern auf die falsche Seite gelegt. Die Backbord-Bank hat 15 Minuten länger Schatten. Pavarotti ist fotoscheu, aber ich werde ihn schon noch aufnehmen.

Gestern hat Isabelle, meine Stegnachbarin mir eine Schutzmaske genäht. Superschön!!!! Sexy. Ist so eine Art halber BH, sitzt super und ich werde sie tragen, wenn ich ausgehe. Ich kann die Maske in heißem Wasser auswaschen und wieder verwenden.

Es tut mir gut, mit so vielen, lieben Menschen in Kontakt zu stehen. Das gibt mir Kraft. Ich denke, wir alle erfahren gerade, was uns wirklich wichtig ist um mit einer solch schweren Situation umzugehen. Mir helfen Freunde, Kontakte in der Marina mit anderen Seglern, praktisch arbeiten, schreiben und Humor. Da fliegen so viele Gedanken durch den Kopf, Sorgen, Ängste. Ich versuche da mit Listen und Schreiben Struktur reinzubringen. Es sind halt so viele Dinge, die ich nicht beeinflussen kann.

Meine Strategie ist, mir Optionen zu erarbeiten und diese, soweit als möglich vorzubereiten. Zwei grundsätzliche Wege kann ich gehen:

-Die Yavas Yavas bleibt in der Karibik bis Mai 2021. Würde bedeuten, ich muss einen Hurrikan-sicheren Platz finden. Das ist derzeit nicht gegeben, da alle Inseln auf unabsehbare Zeit geschlossen sind. Es würde auch bedeuten, dass ich eine weiter Saison hier bleibe und alle geplanten Mittelmeer-Törns um ein Jahr verschieben müsste. Dies könnte eine Option werden, wenn eine Überführung in das Mittelmeer nicht möglich ist und wenn es eine Öffnung der südlichen Karibik-Inseln gibt.

-Die Yavas Yavas kommt zurück in das Mittelmeer. Dies könnte auf 2 möglichen Wegen geschehen. Mein Segelfreund und Skipper Martin bringt die Yacht mit einer Crew im Mai über den Atlantik. Unklar ist noch, ob es Flüge aus Deutschland in die Karibik gibt und ob auf den Azoren ein Verpflegungsstop möglich ist. Es gibt auch die Option die Yavas Yavas im Mai mit einem Frachtschiff von Martinique nach Montenegro transportieren zu lassen. Sie würde dort in eine Marina gelegt und ich müsste die Öffnung von Montenegro abwarten um sie dort wieder abzuholen. Die geplanten Mittelmeer-Törns könnten (wenn es ab August möglich ist) gefahren werden und ich würde Montenegro und Albanien kennenlernen. Dieser Weg ist aber so teuer, dass ich noch nicht weiß, wie er zu realisieren wäre.

Völlig egal, welchen Weg ich gehe, ich kann noch keine Entscheidung treffen. Informationen sammeln, die Yavas Yavas in einem sehr guten Zustand halten.

Heute ist Putztag. Küche und 2 Kabinen stehen auf dem Programm. Ich habe ja den Luxus von viel Zeit. Da ist dann auch zwischendrin immer wieder mal die Möglichkeit mit meinen tollen Mitgestrandeten ein Bier zu trinken.

Kennt Ihr schon die neue Funsportart? Fremde Menschen anlächeln? Ok, strengt sportlich nicht so sehr an, kann man aber immer machen, kostet nix und so ein paar Muskeln im Gesicht werden ja doch bewegt. Lasst Euch überraschen was dabei so alles passiert…

Muss mich heute noch um meine Kuh im Mast kümmern. Ich habe das Gefühl, sie ist etwas eifersüchtig auf Pavarotti. So eine Kuh ist ja auch nur ein Mensch und hat Gefühle. Und sie scheisst mir nicht auf das Deck.